„Nordwärts mit GAVIOTA“ – das war die etwas allgemein gehaltene Formulierung, die mein Skipper wählte, als er im SC-Gothia gefragt wurde, wohin der Sommertörn gehen solle.
Ich, die GAVIOTA, eine Great Dane 28, ein „stäbiger Langkieler“, so sagen die Leute, fühle mich mit meinen 48 Jahren viel jünger und bin ziemlich gut in Schuss!
Schließlich bin ich in den letzten Jahren modernisiert und auch optisch auf einen guten Stand gebracht worden. In diesem Jahr kam noch ein AIS und ein Lazybag hinzu.
Ich habe es gut getroffen bei meinem Skipper, nicht nur wegen der guten Pflege, sondern auch, weil er gerne mit mir unterwegs ist.
Der 25. Mai 2022 war ein freundlicher Frühsommertag. Mittags hieß es „Leinen los!“ beim SC-Gothia an der Scharfen Lanke in Berlin. Gisela und ich hatten alle Vorräte verstaut und freuten uns sehr, dass diese Reise nach langer Vorbereitungszeit endlich begonnen hatte.
Am 30. Mai erfolgte in Stettin das Maststellen beim AZS durch den Hafenmeister Richard, wie immer freundlich und ruhig. Andreas Tietze war hier an Bord gekommen und packte gekonnt mit an; eine neue Genua und ein Lazybag wurden erstmals montiert.
Noch am selben Nachmittag ging´s gemeinsam mit Andreas Richtung Svinemünde, er begleitete mich auf der ersten Segeletappe bis 0xelösund an der schwedischen Ostküste. Mit Bodo und Wolfhard auf der TAMPETA trafen wir zwei weitere „Gothen“ auf Bornholm, ab da segelten wir zusammen bis Stockholm.
Dort kam Gisela wieder an Bord und das Essen wurde vielfältiger und damit gesünder. Und weiter hieß es „Nordwärts mit GAVIOTA“! Wir merkten es auch daran, dass die Tage länger wurden und uns täglich weniger Boote begegneten. Schließlich gab es Tage, an denen wir unterwegs kein anderes Segelboot gesehen hatten. Das „Verschwinden“ der Segelboote wurde in den Häfen am auffälligsten, keine Masten, die sonst einen Sportboothafen von See aus erkennbar machen. Stattdessen nur Motorboote, in der Regel mittelgroß, mehr Verkehrsmittel als Freizeitspaß im Bottnischen Meerbusen.
Anstelle von Häfen und Ankerplätzen fanden wir zunehmend die blauen Bojen des Schwedischen Kreuzerclubs, an denen man als Mitglied für eine Nacht festmachen kann. Wir haben die gemeinsamen Segelwochen von Stockholm bis Lulea bei meist südlichen Winden und bestem Sommerwetter sehr genossen.
Von Lulea, der letzten größeren schwedischen Hafenstadt, ging´s einhand
nach Haparanda und auf der finnischen Seite südwärts bis Oulu. Dort kam Freund Gerold an Bord. Wir hatten spannende Segeltage und Nächte. Ein besonderes Erlebnis war eine nächtliche Begegnung auf dem Wasser, als ein Elch schwimmend unseren Weg kreuzte.
Beeindruckend war die von uns erlebte Hilfsbereitschaft in Finnland. In den kleinen, oft nicht leicht anzusteuernden Häfen, wurden wir angesprochen, bekamen auch mal eine persönliche Seekarte geschenkt oder wurden wir auf ein Musikfestival hingewiesen, das wir im Hafen Marjaniemi kostenlos miterleben konnten. Es wurde viel gelacht in Finnland.
In Vasa verließ ich am 23. Juli mit Gerold die GAVIOTA“ für zwei Wochen.
Weiter ging´s am 6. August in Rauma mit meinem Freund Volker, der stets für gute Musik an Bord sorgte. Gemütlich waren zu Beginn die kurzen Etmale. Die Aalandinseln hatten von ihrem besonderen Charme seit meinem ersten Besuch 1985 nichts eingebüßt. Das Ziel Helsinki wurde gestrichen, dafür gab´s Hafentage einfach so, denn wir hatten ausreichend Zeit, um zum nächsten Crewwechsel rechtzeitig in Stockholm zu sein.
In Stockholm kam Jogi an Bord, ein weiterer Segelkamerad vom SC-Gothia, unserem Heimatverein in Berlin. Es folgten zwei eindrucksvolle Segelwochen. In den nächsten zehn Tagen ging es ohne einen Hafentag südwärts bis Svinemünde. Jogi erwies sich als unermüdlicher und begeisterter Rudergänger, nur mit ein paar Tricks kam ich ab und zu auch mal an die Pinne. In den zwei Wochen bis Berlin bin ich zudem professionell von Jogi bekocht worden – es fühlte sich fast wie Urlaub an.
Ich hab´s genossen, am Ende der Reise „gesegelt“ zu werden. Dadurch konnte ich auch tagsüber in der Koje liegen und bei schöner Lage die Wellen vorbeiströmen hören.
Einmal wisperte GAVIOTA mir zu, dass sie über diese lange Reise froh und glücklich sei. Ein bisschen stolz sei sie auch, schließlich sind uns auf dieser Reise auf See fast ausnahmslos nur größere Boote begegnet. Und obwohl wir noch gar nicht wieder zuhause waren, vertraute sie mir an, dass sie gerne wieder mit mir losfahren möchte.
GAVIOTA war jedenfalls zufrieden, so viel Neues erlebt zu haben. Und dies auch, weil die Reise sicher und reibungslos verlaufen ist.
„GODEWIND AHOI!“
Was mir noch wichtig ist:
Jan Dissel und Andreas Barthel ein großes DANKESCHÖN für eure Unterstützung.
Mietze und Bernd Marlow, ihr wart immer da, wenn ich eure Hilfe brauchte.
Danke Gila, Andreas, Gerold, Volker und Jogi – nur durch euch ist diese Reise möglich gewesen.
Rainer